Die Wirkung von Tieren auf die Psyche

Welche Vorteile Tiere uns im Alltag und in der Therapie bringen

Der Hund gilt gemeinhin als der beste Freund des Menschen. Aber auch andere (Haus-)Tiere tragen dazu bei, dass ihre Besitzer sich allgemein besser fühlen als andere Menschen. In diesem Artikel erfährst du, welchen Einfluss Tiere auf unser Wohlbefinden haben können, wodurch dieser zustande kommt und wie Tiere in der Psychotherapie eingesetzt werden können.

Wie wirken Tiere auf den Menschen?

Im Folgenden findest du die Hauptvorteile, die ein tierischer Begleiter im Alltag oder auch in der Psychotherapie bringen kann.

1. Verringerung von Stress und Ängsten

Dass Tiere eine beruhigende Wirkung auf Menschen haben, ist bereits in vielen Studien belegt worden. Die Anwesenheit eines Tieres wirkt sich stressreduzierend auf das Herzkreislaufsystem sowie unser hormonelles System aus. Wenn wir uns gestresst oder ängstlich fühlen, können diese Empfindungen durch ein Tier vermindert werden. Menschen mit Haustieren zeigen daher eine geringere Grundanspannung und tendieren dadurch wohl auch weniger dazu, psychische Erkrankungen zu entwickeln. Im Therapiekontext kann diese Wirkung, z. B. durch einen anwesenden Therapiehund, gezielt genutzt werden.

2. Verstärkung des Verantwortungsbewusstseins und der Selbstwirksamkeit

Wenn du dich um ein Tier kümmerst, stärkt das dein Verantwortungs- und Selbstwirksamkeitserleben. Bringst du deinem Hund einen neuen Trick bei oder lässt dein Meerschweinchen sich nach vielen Versuchen endlich von dir am Kopf streicheln, dann hast du ein Erfolgserlebnis. Außerdem geben Tiere immer direkt eine Rückmeldung dazu, wie man mit ihnen umgeht.

3. Förderung von sozialen Interaktionen

In Studien mit Kindern mit Autismus oder demenzkranken Patienten waren die Teilnehmenden kommunikativer und freundlicher, wenn ein Tier anwesend war. Menschen, die ein Tier dabei haben, Gassi gehen oder ähnliches, wirken auf andere zudem positiver. Sie werden häufiger angelächelt und angesprochen als andere. Es gibt also einen berechtigten Grund, weshalb zum Beispiel auf Dating-Apps viele Menschen Bilder mit ihrem Haustier hochladen. Sie nutzen diesen Effekt, ob bewusst oder unbewusst, und wollen ihre Chancen bei potenziellen neuen Partnern damit steigern. Der Effekt überträgt sich auch auf Psychotherapeuten, die einen Therapiehund haben. Sie werden, sofern sie ihren Hund dabei haben, als vertrauenswürdiger und attraktiver eingeschätzt.

Haustiere können ihre Besitzer zu glücklicheren und entspannteren Menschen machen

4. Tiere sind wahre Stimmungsaufheller

Es gilt als bestätigt, dass Tiere depressive Verstimmungen und Einsamkeitsgefühle reduzieren können. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass sie durch ihre Anwesenheit die Motivation steigern und Aggressivität reduzieren können. Es gibt auch Studien, die nahelegen, dass Tiere schmerzlindernd und empathiefördernd wirken können. In diesem Bereich ist jedoch noch mehr Forschung nötig.

5. Die Bindung zum Tier ist heilsam

Tiere nehmen Menschen so an, wie sie sind. Sie haben keine Vorurteile, beurteilen nicht unser Aussehen oder unsere Leistungen, wie wir es von der Gesellschaft normalerweise gewohnt sind. Wir können bei Tieren wir selbst sein. Ein weiterer Vorteil geht mit unserem Bindungsverhalten einher. Nach der Bindungstheorie von Bowlby ist etwa die Hälfte aller Menschen sicher gebunden. Diesen Menschen fällt es nicht schwer, neue Bindungen einzugehen und sie können diese vertrauensvoll und neugierig gestalten. Ursache dafür ist die Zuwendung, die diese Menschen in ihrer Kindheit durch ihre Eltern oder andere Bezugspersonen erfahren haben. Jedoch hat etwa die andere Hälfte der Erwachsenen einen unsicheren Bindungsstil. Sie haben größere Probleme damit, sich auf neue Bindungen einzulassen, sind tendenziell misstrauischer oder ängstlicher in Beziehungen und psychisch labiler.

Das Vorteilhafte an einer Bindung zu Tieren ist: Unser Bindungsverhalten überträgt sich wahrscheinlich nicht auf Tiere! Unsicher gebundene Menschen sollten demnach keine Probleme haben, Bindungen zu Tieren aufzubauen. Somit kann von der Bindung zum Tier gelernt werden, die Beziehungsfähigkeit gesteigert und schließlich auf Menschen übertragen werden. Dies kann auch in der Psychotherapie hilfreich sein und durch den Einsatz eines Therapiehundes gezielt geübt werden.

Wieso wirken Tiere so?

Es gibt einige Versuche, den Grund für die positive Wirkung von Tieren auf den Menschen zu erklären. Eine Möglichkeit bildet die Ausschüttung von Oxytocin, dem „Bindungshormon“. Dieses wird bei Körperkontakt zu Tieren vermehrt ausgeschüttet. Oxytocin erhöht soziale Interaktionen, wirkt stress- und angstmindernd, vertrauensfördernd, schmerzlindernd und stimmungssteigernd. Jedoch zeigt sich die positive Wirkung auch bei Tieren, die man nicht direkt streicheln oder anfassen kann und die man nur beobachtet.

Eine andere Idee ist die Biophilie Hypothese. Sie beschreibt einen biologischen Prozess des Menschen, nach dem wir eine natürliche Anziehungskraft zu anderen Lebewesen und eine emotionale Verbindung zur Natur haben sollen. Nach der Hypothese halten wir also Haustiere, weil wir von Geburt an emotional naturverbunden sind. Wir holen uns damit etwas, was wir bspw. in Großstädten oft vermissen, nach Hause.

Kommt es auf die Tierart an?

Ob als Haustier oder Therapietier, verschiedene Tierarten bringen mit ihren unterschiedlichen Ansprüchen und Fähigkeiten natürlich auch unterschiedliche Vor- und Nachteile mit. Entscheidet man sich für ein Haustier, ist es eine sehr individuelle Entscheidung und hat auch mit persönlicher Präferenz und der Absprache mit Mitbewohnern oder Familienmitgliedern zu tun. Auf die Psyche bezogen kann man sagen, dass alle Tierarten eine mehr oder weniger starke positive Auswirkung haben. Sie machen uns zudem alle weniger einsam.

Das wohl am häufigsten in der Psychotherapie eingesetzte Tier ist der Hund. Natürlich gibt es einen Grund, warum das so ist. Hunde können von allen Tieren die engste Bindung mit Menschen eingehen, sind sehr lernfähig und können menschliche Gefühle am besten nachvollziehen. Jedoch sollte auch die Wirkung von Katzen, Kleintieren, exotischen Tieren oder Aquarien nicht unterschätzt werden. Auch ein Tier, das weniger gerne kuschelt oder nur zum Ansehen geeignet ist, kann sehr viel Freude bringen oder den therapeutischen Prozess unterstützen.

Wichtiger Hinweis: Bitte schaff dir nur dann ein Haustier an, wenn du ihm eine artgerechte Haltung bieten kannst und seine Versorgung für dich kein Problem darstellt!

Tiergestützte Therapie

Es gibt verschiedene Formen von tiergestützten Interventionen. Man unterscheidet zwischen tiergestützter Therapie, tiergestützten Aktivitäten und Begleithunden. Die tiergestützte Therapie findet beispielsweise in Form von Psychotherapie mit einem Therapiehund statt. Tiergestützte Aktivitäten beschreiben zum Beispiel Besuche von Hunden oder anderen Tieren im Altersheim oder in Kitas. Begleithunde gibt es für verschiedene Erkrankungen, etwa Blindenhunde, Autismus- oder PTBS-Begleithunde. Weniger bekannt sind tiergestütztes Coaching oder tiergestützte Förderung. Bei all diesen Formen sollte jedoch immer die oberste Priorität beim Tierwohl liegen sowie einer artgerechten Haltung. Es sollten sowohl das Tier als auch der Mensch von der tiergestützten Intervention profitieren und Freiwilligkeit auf beiden Seiten gegeben sein.

Tiere in der Psychotherapie

Die Forschungslage zu tiergestützter Therapie ist noch relativ dünn. Daher gibt es kaum genaue Anweisungen, welche Intervention bei welcher Störung Wirkung zeigt. Es gibt jedoch einige Studien, die die positive Wirkung von Tieren in der Psychotherapie belegen, meistens mit Pferden oder Hunden. Es gibt in der Therapie mehrere Möglichkeiten, Tiere einzusetzen. Einige Beispiele, wobei Tiere in der Psychotherapie hilfreich sind, findest du hier.

In der Diagnostik

Zu Beginn der Therapie können Tiere im diagnostischen Prozess eingesetzt werden. Ein Psychotherapeut kann am Umgang von einem Patienten mit seinem Therapiehund zum Beispiel sehen, wie durchsetzungsfähig dieser ist. Er kann auch sehen, wie selbstbewusst oder kompetent er auftritt, wenn er dem Hund einen Befehl erteilt. Dieses Auftreten und die damit verbundene Selbstwirksamkeit können im weiteren Verlauf der Therapie auch gezielt mit dem Hund geübt werden.

Beim Aufbau der Therapeutischen Beziehung

Der Hund fungiert bei Therapiebeginn als Eisbrecher. Wie ich oben schon geschrieben habe, wirken Therapeuten freundlicher und vertrauenswürdiger auf Patienten, wenn sie einen Hund dabei haben. Es gibt auch direkt ein Gesprächsthema. Patienten, die Probleme haben, sich zu öffnen, können durch die Anwesenheit des Hundes gesprächiger werden. Die therapeutische Beziehung kann schneller aufgebaut werden.

Als Modell

Das Tier kann außerdem als Modell genutzt werden. Hat ein Patient beispielsweise eine Angststörung, dann kann der Therapeut den Therapiehund oder das Therapiepferd in eine (eigentlich harmlose) Situation bringen, in der das Tier Angst zeigt. Der Patient sieht dann nicht nur, dass seine Angstreaktion der des Tieres relativ ähnlich ist, sondern auch, dass sich das Tier anfängt zu entspannen und dass die Angst nachlässt. Hat ein Patient Probleme mit der Impulskontrolle, dann kann der Therapiehund in eine Situation gebracht werden, in der auch er Probleme hat, seine Impulse zu kontrollieren – zum Beispiel wenn man ihm ein Leckerli vor die Nase hält und er es nicht nehmen darf. Auch hierbei kann der Patient einiges am Verhalten des Hundes erkennen, was ihm vielleicht bekannt vorkommt und womit man dann in der Therapie weiterarbeiten kann.

Pferde als Fluchttiere eignen sich sehr gut für die Arbeit mit Patienten mit Angststörungen

Als Verstärker

Tiere können auch als Verstärker bzw. Belohnung eingesetzt werden. Dies wird vor allem in der Arbeit mit Kindern genutzt. Hat das Kind sich richtig verhalten oder einen Fortschritt in der Therapie erreicht, dann darf es danach mit dem Hund spielen oder ihn streicheln.

Durch ihre bloße Anwesenheit

Zu guter Letzt sollte natürlich auch hier nicht unerwähnt bleiben, dass die alleinige Anwesenheit eines Tieres beruhigend, stress- und angstmindernd wirkt. Der stimmungsaufhellende Effekt des Tieres kann selbstverständlich auch in der Therapie genutzt werden. Während einer Entspannungsübung kann das Streicheln eines Hundes beispielsweise den Effekt der Übung verstärken.

Picture of Julia Klimek
Julia Klimek
Hier schreibt Julia Klimek, Tochter von Nicole Klimek. Ich habe meinen Masterabschluss in Psychologie an der Universität des Saarlandes gemacht und beginne in Kürze die Ausbildung zur psychologischen Psychotherapeutin in Verhaltenstherapie. Die Begeisterung meiner Mutter für Psychologie inspirierte mich dazu, Psychotherapeutin zu werden. Trotz meines jungen Alters konnte ich bereits einige Erfahrungen in der praktischen Arbeit mit Patienten sammeln.
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Hier schreibt Julia Klimek, Tochter von Nicole Klimek. Ich habe meinen Masterabschluss in Psychologie an der Universität des Saarlandes gemacht und beginne in Kürze die Ausbildung zur psychologischen Psychotherapeutin in Verhaltenstherapie. Die Begeisterung meiner Mutter für Psychologie inspirierte mich dazu, Psychotherapeutin zu werden. Trotz meines jungen Alters konnte ich bereits einige Erfahrungen in der praktischen Arbeit mit Patienten sammeln.
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Klimek - Privatpraxis für Psychotherapie, EMDR und Tiefenpsychologie in Dieburg

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