Viele Menschen haben bestimmte Verhaltensweisen, die sie besonders machen oder die auffallen. Dennoch deutet nicht jeder kleine Tick oder jede ausgeprägte Persönlichkeitseigenschaft direkt auf eine Persönlichkeitsstörung hin. Von Persönlichkeitsstörung spricht man erst dann, wenn das Erleben und Verhalten in sehr starker Weise verändert ist. Wie genau sich das äußert, erfährst du in diesem Artikel.
Persönlichkeitsstörung – was ist das?
Die Persönlichkeitsstörung ist der Oberbegriff für eine Reihe an psychischen Störungsbildern. Sie unterscheiden sich von anderen psychischen Erkrankungen in der Weise, dass sie sehr langanhaltend bestehen und die Persönlichkeit des Erkrankten betreffen. Die Erlebens- und Verhaltensweisen des Betroffenen sind insofern verändert, dass sie entweder bei der Person selbst oder im sozialen Umfeld zu erheblichem Leid und Einschränkungen führen. Betroffene verhalten sich so unangepasst und unflexibel, dass dies häufig von ihrem sozialen Umfeld bemerkt wird. Es leiden insgesamt ca. 5% bis 13% aller Menschen an einer Persönlichkeitsstörung, dabei sind Frauen und Männer etwa gleich häufig betroffen. Der Krankheitsverlauf ist chronisch, zieht sich über viele Jahre und beginnt meist im jungen Erwachsenenalter. Normalerweise nimmt die Schwere der Persönlichkeitsstörung mit fortschreitendem Alter ab.
Welche Persönlichkeitsstörungen gibt es?
Es gibt drei Hauptgruppen von Persönlichkeitsstörungen. Dabei sind der ersten Gruppe die sonderbaren, exzentrischen Störungen zugeordnet. In der zweiten Gruppe werden die dramatischen, emotionalen und „launischen“ Störungen beschrieben. Die dritte Gruppe umfasst die ängstlichen Störungen. Erkrankungen der ängstlichen Gruppe kommen insgesamt am häufigsten vor.
Sonderbare, exzentrische Persönlichkeitsstörungen
Paranoide Persönlichkeitsstörung
Betroffene haben ein starkes Misstrauen gegenüber anderen Menschen. Sie haben die Neigung, neutrales oder positives Verhalten von anderen als feindselig oder verletzend aufzufassen. Dabei sind andere Personen in ihren Augen heimtückisch, falsch und nur auf ihre eigenen Vorteile bedacht. Sich selbst sehen sich als Opfer und versuchen die Verletzung durch andere zu vermeiden. Es kann vorkommen, dass sie ihre Mitmenschen zu Unrecht beschuldigen und dann äußerst nachtragend sind.
Schizoide Persönlichkeitsstörung
Personen mit schizoider Persönlichkeitsstörung zeigen emotional nur wenig Regung. Sie haben oft einen stark isolierten Lebensstil, distanzieren sich von anderen Menschen und empfinden Situationen mit anderen Menschen als belastend. Sich selbst sehen sie als selbstständige Einzelgänger, sie wollen in Ruhe gelassen werden und für sich sein. Andere Menschen wirken auf sie distanzlos und aufdringlich.
Schizotype Persönlichkeitsstörung
Exzentrische, bizarre Ideen sowie außergewöhnliche Wahrnehmungen und Visionen zählen zu den Hauptmerkmalen der schizotypen Persönlichkeitsstörung. Betroffene glauben häufig an Übersinnliches. In sozialen Situationen fühlen sie sich unwohl, sie halten lieber Distanz und legen ein eigentümliches Verhalten an den Tag. Sie nehmen sich selbst als tiefgründig und ahnungsvoll wahr, im Gegensatz zu allen anderen Menschen. Die Erkrankung kann Ähnlichkeiten zu manchen Symptomen der Schizophrenie aufweisen.
Dramatisch, emotional und launische Persönlichkeitsstörungen
Antisoziale oder dissoziale Persönlichkeitsstörung
Die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse steht für Personen mit dieser Persönlichkeitsstörung an erster Stelle. Sie verstoßen häufig gegen Regeln und Gesetze, haben dabei kein Schuldempfinden und zeigen kaum Reue. Eine hohe Impulsivität und geringe Frustrationstoleranz sowie wenig Angstempfinden führen dazu, dass die Biographie der Betroffenen oftmals von Konflikten geprägt ist. Auseinandersetzungen mit dem Gesetz sind schon vor dem 14. Lebensjahr möglich.
Borderline-Persönlichkeitsstörung
Bei der Borderline-Störung liegt eine Störung der Emotionsregulation vor. Die Patienten erleben Emotionen intensiver und länger anhaltend, als andere Menschen. Sie werden häufig durch ein Gefühl der Einsamkeit und inneren Leere begleitet. Selbstschädigendes und Hochrisiko-Verhalten bspw. durch Ritzen oder das Rasen auf der Autobahn, werden als kurzzeitige Problemlösestrategien für diese Gefühle genutzt. Betroffene wollen sich dadurch selbst spüren. Zusätzlich zeichnet sich das Krankheitsbild durch Impulsivität, ein negatives Selbstkonzept und Probleme, stabile Beziehungen aufzubauen und aufrecht zu erhalten, aus. Teils werden auch dissoziative und paranoide Symptome berichtet.
Histrionische Persönlichkeitsstörung
Übertriebene Emotionalität und das starke Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Bestätigung stehen im Vordergrund dieser Erkrankung. Menschen mit histrionischer Persönlichkeitsstörung suchen ständig nach Anerkennung, Lob und Selbstbestätigung. Ihre Kleidung und ihr Auftreten sind meist auffällig. Sie stellen sich gern in den Vordergrund, dramatisieren Geschichten und wirken theatralisch. Das führt dazu, dass sie von anderen oft als oberflächlich oder aufgesetzt wahrgenommen werden.
Narzisstische Persönlichkeitsstörung
Narzissten sehen sich selbst als großartig, außergewöhnlich und überlegen an. Sie sind in ihren Augen etwas Besonderes und haben einen großen Anspruch, auch besonders behandelt zu werden. Zudem kommt ein Mangel an Einfühlungsvermögen hinzu. Sie können sehr schlecht mit Kritik umgehen und wollen keinesfalls Schwäche zeigen. Mit dem Narzissmus geht oft ein sehr fragiler Selbstwert einher. Das Prahlen, sich in den Mittelpunkt stellen und andere Menschen abwerten dient somit als Schutzschild für das eigentlich verletzte Innere.
Ängstliche Persönlichkeitsstörungen
Ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung
Große Selbstunsicherheit und Ängstlichkeit führen dazu, dass soziale Interaktionen vermieden werden. Betroffene sind sehr selbstkritisch, halten sich für sozial unzulänglich, unattraktiv und dumm. Selbst in nahen persönlichen Beziehungen wirken sie gehemmt und zurückhaltend. Andere Menschen schätzen sie als ihnen überlegen, kompetenter und kritisch ihnen gegenüber ein. Die ängstlich-vermeidende oder auch selbstunsicher-vermeidende Persönlichkeitsstörung kann als besonders schwere, umfassende Form der sozialen Angststörung bezeichnet werden.
Dependente Persönlichkeitsstörung
Menschen mit dieser Persönlichkeitsstörung sind unfähig, eigenständige Entscheidungen zu treffen und legen ein sehr unterwürfiges Verhalten an den Tag. Im Alltag richten sie sich ständig nach anderen und vermeiden wann immer möglich, Konfliktsituationen. Für sie ist es unbedingt notwendig, bestehende Beziehungen aufrecht zu erhalten. Um dies zu erreichen, sind sie auch bereit sich aufzuopfern und unterzuordnen. Sie haben oft große Ängste, Bezugspersonen zu verlieren. Es ist für sie schwer vorstellbar, alleine zu leben, da sie sich alleine hilflos fühlen.
Zwanghafte Persönlichkeitsstörung
Die zwanghafte Persönlichkeitsstörung geht mit Rigidität und Perfektionismus einher. Menschen mit dieser Erkrankung haben hohe Ansprüche an die eigene Leistung, eine übertriebene Gewissenhaftigkeit und verlieren sich gerne in Details. Das führt dazu, dass sie Aufgaben häufig nicht fertigstellen können. Auch hinsichtlich moralischer Werte haben sie strenge und rigide Anschauungen. Sie nehmen sich selbst als pflichtbewusst und sorgfältig war, während andere in ihren Augen unfähig sind und Fehler machen.
Therapie von Persönlichkeitsstörungen
Durch Psychotherapie kann der Ausprägungsgrad der jeweiligen Verhaltensmerkmale zwar deutlich vermindert werden, allerdings sind Persönlichkeitsstörungen quasi nie vollständig therapierbar. Die meisten Patienten mit Persönlichkeitsstörung kommen zunächst wegen einer anderen Erkrankung in Therapie, zum Beispiel einer Depression oder Angststörung. Stellt sich im Laufe der Therapie heraus, dass eine Persönlichkeitsstörung zusätzlich vorliegt, sollten Therapeuten dies möglichst einfühlsam vermitteln. Für viele Patienten ist die Erkenntnis, an einer Persönlichkeitsstörung zu leiden, nicht einfach zu verarbeiten und je nach Erkrankung wollen viele dies auch nicht wahr haben.